Vierzig Jahre und kein bisschen leise

Jubiläumskonzert der Komponistenklasse

Dresdner Neueste Nachrichten – W. Schwanebeck, 7.11.22

Die von Silke Fraikin geleitete Komponistenklasse ist bekannt dafür, mit jedem ihrer Konzerte neue Wege zu gehen. Das am Samstag in der Auferstehungskirche Dresden-Plauen präsentierte Programm zum 40. Jubiläum fügt sich da nahtlos ein, denn was das Ensemble AuditivVokal Dresden gemeinsam mit dem brillanten Organisten Ivan Terekhanov zu Gehör brachte, begeisterte mit reichlich Witz und Einfallsreichtum.
Zum Auftakt karikiert Silas Geiert in seinem szenischen „… ääh … ein Lied“ die Probensituation. Nicht nur, dass sich Dirigent Olaf Katzer mit Verve auf die ihm dabei zugewiesene Rolle des launischen Despoten stürzt, wirkt sehr sympathisch, auch seine souveräne Koordination der Stücke an beiden Enden des Sakralraums belegt, dass er und seine Sänger die Ideen der jungen Künstler ernstnehmen.
Das tut auch Moderator Clemens Kersten, der den Komponisten zwischen den Stücken in zum Teil amüsant maulfaulen Gesprächen Einblicke in ihren Schaffensprozess entlockt. Zeit kann er sich dafür nehmen, sind viele der Stücke doch pointierte Miniaturen. Das gilt für Manuel Timmes „Unaufhaltsame Hasenpfote“ ebenso wie für das Tiger-Schlaflied von Cedric Haß. Komplexer und konzeptionell ausgefeilter sind die Stücke der

älteren Schüler, Lilly Bauers in Anlehnung an Goethe komponierter „Waldspaziergang“ ebenso wie der Garten des Pharaos, indem Julius Tadeus Balsukat mit viel Verve orientalische Klangfarben anrührt. Elias Krauße („Spiegel-Pfeifen“) und Johannes Mehler („Weltreise“) demonstrieren harmonische Komplexität und Freude an der Variation, Ben Weikelt in seinem Esperanto-Titel „Vivu la viro en la blua capelo“ fortgeschrittene Motivarbeit, die Lust auf mehr macht. Leonore Bicher lässt sich für ihr Stück „U9 – Ringbahn“ u.a. von einem Fliesenmuster im Berliner U-Bahn-Tunnel inspirieren, was der „Kunst der Fuge“ wohl eine ganz neue Bedeutung verleiht.
Den Schlusspunkt setzt nach knapp zwei Konzertstunden, in denen auch Stücke der Strasbourger Kompositionsschüler Lou Gitz, Irene Rossetti, Angélique Sozza und Margaux Zhang erklingen, Gawein Bicher mit seiner gewitzten „Kaputten Tenorgel“. Hier lässt sich Tenor Murilo Sousa Pereira vom schweren Organ-, quatsch: Orgel-Versagen zu einem hinreißend eitlen Solo inspirieren, bevor ihn seine nicht minder glänzend aufgelegten Kollegen (Dorothea Wagner, Katharina Salden, Lia Sophia Gets-Bermann und Philipp Schreyer) wieder ins Ensemble zurückholen. Große Begeisterung – und verdienter Applaus für alle Beteiligten.
Weitere Aufführungen: 11. November (Kirche St. Gertraud Magdeburg),19. November (Konservatorium Strasbourg)

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