Viele Sterne im Advent
Im Konzert der Dresdner Singakademie gab es gleich drei Uraufführungen
Dresdner Neueste Nachrichten – Wolfram Quellmalz, 5.12.23
Zum „Adventsstern“ der Dresdner Singakademie zählt immer ein Auftragswerk. Am Sonntag gab es in der Annenkirche unter dem Titel „An die Sterne“ gleich drei, denn neben einer vom Chorleiter eingerichteten Transkription wurden auch zwei Arbeiten aus der Komponistenklasse Dresden erstmalig aufgeführt. Jonas Kerda (Sächsisches Landesgymnasium für Musik) und Ben Weikelt (Hans-Erlwein-Gymnasium) gehören zu jenen acht- bis 19jährigen „Musikerfindern“, die in der Klasse ein Podium finden. Sie widmen sich unter Anleitung, mit viel Freiheit, im gegenseitigen Austausch und sicher auch mit Freude der Umsetzung von Ideen in der Musik.
Jonas Kerda extrahierte aus Gedichten von Ulrike Schuster, die den Glauben an den Stern, der Wünsche erfüllt, einen Text „Sternenbröckeln“, um auf den Glauben bzw. Fragen danach zu fokussieren. Mit Orgeleinleitung und dunklen Streichern spannte er einen musikalischen Nachthimmel auf, übertrug dem Chor Betonungen, Wendungen, die einen Gegensatz zum Beispiel im hervorgehoben „Damals“ festsetzten. Erde konstruierte den (Sternen)glauben nicht, ließ das Ende offen.
Ben Weikelt wies mit seiner Textauswahl („Missing Sunshine“ von Marlene Böde) daraufhin, dass neben den Sternen am Nachthimmel die Sonne der für uns wohl wesentlichste Stern ist, unverzichtbar für Leben. Die im Text verankerte Selbstbefragung, die sich Bewundern, Tanzen und schließlich Dunkelheit und Sonne zuwendet, hat er minimalistische Wellenmotive zugeordnet, Betonungen ins Orchester übertragen(Violoncello, Kontrabass) und für die Schlusszeilen einen lichten Akkord, in dem sich die Stimmen von Chor, Orchester und Orgel mischen, geschaffen.
Mit einer Transkription zum Adagio aus Anton Bruckners siebenter Sinfonie, meldete sich Michael Käppler, der Leiter der Singakademie, zu Wort. Er hat Texte Andreas Gryphius‘ („Über die Geburt Jesu“ sowie aus dem Te Deum) chorsinfonisch auf das Adagio übertragen. Sowohl im dunklen Beginn als auch im teilweisen Verschmelzen von Chor und Orchester gab es Berührungspunkte mit den zuvor gehörten Werken. Freilich machte der opulente Bruckner-Klang, der erhalten blieb, das Verstehen des Textes nicht immer leicht. Zumindest teilweise ist das ein Gattungsmerkmal solcher Stücke. Insofern „bediente“ Josef Gabriel Rheinberger mit der Kantate „Der Stern von Bethlehem“ ein anderes Genre. Nun soll noch einmal betont werden, dass sich der klangschöne Chor aus Großem Chor, Kammerchor und dem erst neu ins Leben gerufenem Jugendkammerchor der Singakademie zusammensetzte. Und auch, dass er von der Sinfonietta Dresden und Manuel Rotter an der Orgel prächtig unterstützt wurde. Die Streicher verliehen instrumentalen Überleitungen wie Begleitungen Konturen, verschmolzen immer wieder verblüffend mit der Orgel, als seien sie eines. Der junge Organist, noch Student und schon Chorleiter der Herz-Jesu Kirche Dresden, trug kaum weniger Leuchtglanz zum „Adventsstern“ bei als die beiden Solisten. Clara Sophie Rohleders (Sopran) gefiel vor allem in lyrischer Passagen – fast ohne Vibrato –, während sie beim Forcieren leicht an Schärfe gewann. Cornelius Uhle hatte die Baritonpartie in der Kantate kurzfristig vom erkrankten Felix Rohleder übernommen. Beiden gelang eine emphatische Ausleuchtung auch der Erzählerpassagen vor den Arien.